In der ersten Februarwoche war es endlich soweit: Die Berlinexkursion der Jahrgangsstufe 12 fand statt. In diesem Jahr hatten wir die Gelegenheit, die beiden zentralen Gebäude der bedeu-tendsten Staatsorgane Deutschlands zu erkunden: den Bundesrat und den Bundestag. Bereits beim Besuch des Bundesrats waren viele von uns überrascht, da dieses Organ auf-grund seiner geringen Medienpräsenz oft in den Hintergrund gedrängt wird. Wir erhielten die Möglichkeit, in einem Rollenspiel einen hypothetischen Gesetzesentwurf zu erarbeiten. Diese aktive Einbindung in den politischen Alltag wurde von uns Schülern sehr positiv aufgenom-men und vertiefte unser Verständnis für die komplexen Abläufe in der Gesetzgebung.
Im Anschluss daran besuchten wir den Bundestag. Nach einer umfassenden Einführung in die Struktur, Funktionen und Hintergründe der verschiedenen Elemente des Bundestags wurde uns ein Treffen mit der SPD-Abgeordneten Frau Dr. Machalet in Aussicht gestellt. Leider mussten wir erfahren, dass sie nicht anwesend sein würde und sie stattdessen ein Mitarbeiter vertreten würde.
Trotz dieser Enttäuschung entbrannte eine lebhafte Diskussion über aktuelle politische Ereignisse, in der die parteipolitische Neigung des Mitarbeiters deutlich spürbar war.
Abschließend besuchten wir die beeindruckende Glaskuppel des Bundestags. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass dieser Ausflug ein gelungener Versuch war, der Jugend die politischen Strukturen und Prozesse näherzubringen.
Neben dem Besuch der politischen Organe stand auch eine Führung mit dem Titel „Leben mit der Berliner Mauer“ auf dem Programm. Hierbei erläuterte uns die Stadtführerin W. von Schönebeck den Aufbau und die Funktion der Berliner Mauer entlang der Mauerreste und des letzten erhalten gebliebenen kompletten Querschnitts der Berliner Mauer in der Bernauer Straße. Angereicht mit viel privaten Schicksals- und Lebensgeschichten vermittelte diese Führung innerhalb von zwei Stunden einen guten Einblick in das Leben unter der SED-Diktatur und mit der 155km langen Mauer, die Westberlin 28 Jahre fest umschloss. Hierzu zählten auch Geschichten zu einigen erfolgreichen, aber auch erfolglosen Fluchtversuchen. Neben diesen privaten Fluchttunneln erfuhren wir auch davon, dass die Stasi selbst Tunnel grub, um vermutete Tunnelbauten zu entdecken und die DDR selbst vor der Sprengung von Kirchen nicht zurückschreckte, um den Todesstreifen zu erweitern.
Am Freitag, den 7. Januar 2025, besuchten wir das Haus der Wannsee-Konferenz in Berlin. Schon beim Betreten der Villa spürten wir eine merkwürdige Beklemmung. Die idyllische Lage am Wannsee stand in einem krassen Gegensatz zu der grausamen Geschichte, die sich hier abgespielt hatte.
In diesem Haus trafen sich am 20. Januar 1942 hochrangige NS-Funktionäre, um die systematische Ermordung der europäischen Juden zu organisieren. Unter der Leitung von Reinhard Heydrich und mit Beteiligung von Adolf Eichmann wurde hier die sogenannte „Endlösung der Judenfrage“ in bürokratischer Kälte beschlossen. Es war verstörend zu sehen, wie sachlich in den Original-Dokumenten über das Schicksal von Millionen Menschen gesprochen wurde.
Die Ausstellung führte uns tief in die Geschichte ein. Fotos, Protokolle und Berichte machten uns immer wieder sprachlos. Besonders schockierend war, dass einige der Teilnehmer nach dem Krieg kaum zur Rechenschaft gezogen wurden. Während Eichmann 1961 in Israel verurteilt und hingerichtet wurde, erhielten andere milde Strafen oder konnten unbehelligt weiterleben.
Der Besuch war zugleich eindrucksvoll und befremdend. Einerseits war es faszinierend, so viel über diese Zeit zu lernen, andererseits war es schwer zu ertragen, sich vorzustellen, dass hier Menschen zusammensaßen, die über Leben und Tod entschieden – und dabei keinen Funken Mitgefühl zeigten. Das Haus der Wannsee-Konferenz hat uns tief bewegt und uns noch einmal deutlich gemacht, wie wichtig es ist, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, damit sich solche Verbrechen nie wiederholen.
Die Berlinexkursion hat uns ein vertieftes Verständnis für die politischen Strukturen Deutschlands vermittelt und uns angeregt, aktiv am politischen Geschehen teilzunehmen. Die eindrucksvollen Führungen zur Berliner Mauer und zum Haus der Wannsee-Konferenz haben uns die Bedeutung von Erinnerung und Aufarbeitung der Geschichte vor Augen geführt. Diese Erfahrungen motivieren uns, engagierte Bürger zu werden, die sich für eine offene und gerechte Gesellschaft einsetzen. Wir nehmen viele wertvolle Eindrücke und Erkenntnisse mit zurück in unseren Alltag.